Dienstag, 19. Juli 2016

Rezension: J.L.Carr * Ein Monat auf dem Land


Gebundene Ausgabe: 144 Seiten
Verlag: Dumont
ISBN-13:
978-3832198350
Preis: 18,00 EUR
E-Book: 13,99 EUR
Reihe: 1/1 
Erscheinungsdatum: Juli 2016

Übersetzer: Monika Köpfer


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Inhalt:
Die Schrecken des Ersten Weltkriegs sind verklungen und die Normalität hält wieder Einzug in die Gesellschaft. So kommt es, dass Tom Birkin nach den Kriegserlebten wieder seinen Beruf als Restaurator aufnimmt und sein erster Job bringt ihn in ein Dorf namens Oxgodby, wo er ein Wandgemälde freilegen soll. Dort angekommen weiß natürlich jeder, wer er ist und warum er gekommen ist. Für Tom ist es nicht leicht zur Ruhe zu kommen, der Krieg hat ihn traumatisiert und seine Frau hat ihn verlassen, dazu kommt, dass er an chronischen Geschichtszuckungen leidet und so öfters angestarrt wird. Aber langsam, ganz langsam lässt er sich von den Menschen und der malerischen Landschaft verzaubern und mit jedem Stück freigelegten Gemäldes kommt er zur Ruhe. Nur was versteckt sich hinter der gekalkten Wand? Was wird er freilegen? Und warum genießt er die Zeit mit der Pfarrersfrau so sehr?

Meinung:
Diese Geschichte erblickt schon 1980 die Welt der Lesenden, hat aber erst heute die Veröffentlichung in deutscher Sprache geschafft. Dabei ist es ein sehr ruhiges, feinfühliges und doch starkes Werk von Zeitgeschichte, ein Blick auf die Welt nach dem Krieg. Ein Monument auf das Innere eines Mannes, der Schrecken und Grausamkeit erlebt hat, und versucht sein Leben weiter zu leben und mit dem vergangen klar zu kommen.

Tom Birkin ist ein ruhiger Zeitgenosse, der es liebt als Restaurator zu arbeiten, obwohl es ein brotloser Beruf ist, aber die Leidenschaft alte Kunstwerke aufzudecken und zum Strahlen zubringen, bereitet ihn einfach unglaubliche Freude. Außerdem ist es ein ruhiger Beruf, er hat kaum Gesellschaft bei der Ausübung nötig und kann sich ganz in seinen Gedanken vergraben. So kommt er in das kleine Dorf Oxgodby und hofft, dort zur Ruhe zukommen und zu sich selbst zu finden. Er hält seine Vergangenheit für sich und zieht in den Glockenturm der Kirche. So umgibt ihn Einsamkeit, Natur, Einfachheit und Arbeit sein tun und denken. Aber lange hält es nicht an, denn das Dorf ist neugierig und Schritt für Schritt wird er immer mehr zum Teil der Gemeinschaft, und bevor er es sich versieht, ist er nicht mehr ganz so allein.

J.L. Carr hat sehr behutsam die Geschichte von seinem Protagonisten Tom Birkin geschrieben. Mit viel Fingerspitzengefühl ist er um das Kriegsthema geschlichen, weil er es nicht zum Mittelpunkt machen wollte, und ließ es mehr am Rande stehen. Für den Autor war die Sicht auf die Seele eines gebrochenen Mannes viel wichtiger. So wirkte am Anfang sein Restaurator wie jemand der neben sich selbst steht, reserviert, gequält und unnahbar. Am Anfang wollte er nur Ruhe und Abgeschiedenheit und merkte schnell, dass er für die Leute ein unbeschriebenes Blatt war und nicht alles erzählen musste, er konnte sich neu definieren, zur Leichtigkeit eines Gesprächs zurückkehren und sogar zarte Gefühle der Liebe zulassen, ohne direkt an die schlimmen Erlebnisse zudenken. So hat das ruhige Landleben, mit seinen liebenswerten Bewohnern heilende Wirkung auf Tom.

Ich habe dieses kleine Buch genossen und beim Lesen selber festgestellt, das sich meine innerliche berufsbedingte Angespanntheit gelöst hatte. So hat dieser Sommer auf dem Land, eine besondere Wirkung, es war wie eine selbst gewählte Auszeit, ein innehalten und ein durchatmen. Dieser Autor hat mit sehr viel Feingefühl eine sensible Geschichte geschrieben, die gerade in unserer hektischen Zeit einer kleinen Oase gleichkommt und auch wenn man oft zwischen den Zeilen lesen musste und manchmal dachte, Tom, lassen es nicht laufen, nimm es in die Hand, war es im nach hinein genau richtig so. Es ist kein leichtes Buch, aber man spürt die Heilung der Seele und das jeder dazu beitragen kann, wenn man es selbst zulässt.


Henry und ich fanden diese Geschichte zum Innehalten und vergeben vier Bücherpunkte:

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Über den Autor: 

J. L. Carr wurde 1912 in der Grafschaft Yorkshire geboren und starb 1994 an Leukämie. Nachdem er jahrelang als Lehrer gearbeitet hatte, gründete er 1966 einen eigenen Verlag und verfasste acht Romane. ›Ein Monat auf dem Land‹ ist Carrs bekanntestes Werk und war 1980 für den Booker-Preis nominiert. Bei DuMont erscheint es nun erstmals auf Deutsch.

Quelle: Dumont Verlag

Vielen lieben Dank an den Dumont Verlag für dieses Rezensionsexemplar.


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