Dienstag, 6. Juni 2017

Rezension: Dave Eggers * Der Circle

Gebundene Ausgabe: 560 Seiten
Verlag: KiWi
ISBN-13:
978-3462046755
Preis: 22,99 EUR
E-Book: 9,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: August 2014
Übersetzer: Ulrike Wasel & Klaus Timmermann 


Leseprobe? Kaufen? 


Inhalt:
Mae Holland kann ihr Glück kaum fassen und steigt mit vollem Elan in ihren neuen Job beim „Circle“ ein. Dieser Internetkonzern ist unglaublich, er schafft im Netz Ordnung und durch seine angebotenen Tools eine Transparenz, die es nirgendwo gibt. Aber das ist noch nicht alles, denn diese Firma strebt die Vollendung an, keine Kriminalität, keine Geheimnisse und Wissen für jeden auf der Welt. Mae ist begeistert und geht in ihrer Stelle darin total auf, sie liebt ihr Leben und die Firma und genießt abends die Partys auf dem Campus. Bis sie einen Mann kennenlernt, der sich für einen Mitarbeiter ausgibt, aber den sie in der Datenbank nirgendwo finden kann. Ist er ein Spion? Was macht er auf dem Gelände? Und warum fühlt sich Mae sosehr zu ihm hingezogen?

Meinung:
Dieses Buch wollte ich unbedingt, wegen dem brisantem Thema lesen, denn das Internet ist aus unserem aller Leben nicht mehr wegzudenken. Wie viel Zeit wir doch virtuell am Tag verbringen und es schon, wie eine Sucht ist, wenn wir nicht zum Handy greifen können. Information jetzt und überall ist aber nicht immer schön, oder? Mir macht das manchmal Angst und nach diesem Buch sind meine Bedenken nicht weniger geworden. Vergesst 1984 vom George Orwell, der Circle ist noch viel schlimmer.

Mae Holland ist eine junge Frau, Einzelkind und nach dem teuren Studium einfach in ihrer Stelle gefrustet. Gelangweilt, unterfordert und mit der Frage kämpfend, soll es das gewesen sein, nimmt sie die Chance wahr und nimmt die Hilfe ihrer Freundin an, um beim Circle einen Job zu bekommen. Mit großer Begeisterung steigt sie ein und wird schnell zu einer der besten Neulingen. Angagiert, energievoll und arbeitseifrig. Mae war mir von allem zu viel, eigentlich war sie unterwürfig, hat sich der Masse angepasst und sich nach oberflächiger Zuneigung gesehnt. Ihr ist gar nicht bewusst wie verletzend sie sich ihrer Familie und Freunde gegenüber verhält, wenn sie alles in die Welt posaunt, wie sie nicht in der Lage ist, Leben und Internet zu differenzieren. Nun gut, ich könnte jetzt noch einen ganzen Roman schreiben, aber ich mache es kurz, sie ist der perfekte Soldat und lässt sich lenken und mir total unsympathisch.

Überhaupt wurden meine Beklemmungsgefühle dieser Firma gegenüber immer größer und mit jeder Seite mehr, wurde ich wütender und schockierter, erst wollte ich auch gar keine Rezension schreiben, weil ich einfach so sauer war, aber dann dachte ich darüber nach und mir wurde klar, der Autor hat das gut gemacht, denn ich fühle es und es bewegt mich. Dave Eggers verpackt diese Firma nämlich wirklich als Bonbon, toller Arbeitsplatz, ein gutes Miteinander, gesundheitliche Überfürsorge und ein Abendprogramm mit Entertainment, was es einfach nirgends gibt. Man arbeitet nicht dort, man lebt und lässt seine vollen Kapazitäten fließen. So zumindest auf den ersten Blick. Am Anfang ist es noch Begeisterung und Staunen, aber mit jedem Tag mehr, weckt der Autor eine Unruhe beim Leser und einem Weckruf. Dieser soziale Druck, die ständige Kontrolle und diese überfreundlichen Hinweise, sich doch mehr virtuell einzubinden, gehen einem schnell auf den Geist und man fragt sich, warum machen das alle mit. Dann die ganze weitere Entwicklung schrie einfach nach Machtmissbrauch und alles andere als Freiheit des Geistes. Für mich ist dieses Buch wie eine Ohrfeige, wacht auf, passt auf und lasst euch nicht zu solch einem Wahnsinn zwingen. Tja, und die Realität ist so nah.

Allerdings, so toll, wie das Thema ist, hat der Autor es aber wirklich sehr langatmig erzählt. Er lässt sich sehr viel Zeit für seine Firmenentwicklung und ich fand, dafür waren es einfach zu viele Seiten. Man hat oft das Gefühl, es muss doch reichen, eine Episode weniger hätten nicht geschadet und was ich besonders irreführend fand, es gibt keine Wendung. Dave Eggers treibt alles auf die Spitze, überzieht jede Szene und treibt sein Schreckensszenario unumwindbar an. Wenn man einmal mit dem Kopf schütteln anfängt, hört man hier nicht mehr auf und ist über die Blindheit der Menschen schockiert. Ein Hirte, der seine Schafe zur Schlachtbank führt und als ob wir das nicht schon oft in der Geschichte hatten, fällt die Menschheit wieder drauf rein.

Ein Buch, was mehr als nur zu unserer Generation passt und es sollte ein großer Weckruf bleiben. Denn die menschlichen Abgründe können überall laueren und so eine gute Fiktion, lässt den Alltag im anderen Licht erscheinen.
 

Henry und ich hatten schockierende Lesestunden und vergeben vier Bücherpunkte:
 
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Über den Autor:
 


Dave Eggers wurde am 12. März 1970 geboren und ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Autoren. Er studierte Journalismus an der University of Illinois, Urbanam bis er die Uni im Alter von 21 Jahren abbrach, um sich nach dem Krebs-Tod seiner Eltern um den jüngeren Bruder Toph (Christopher Eggers) zu kümmern. Gemeinsam mit einem Freund übernahm er dort die lokale, kostenfreie Zeitung Cups, die sie nach und nach in das Satiremagazin Might umwandelten.
In San Francisco gründete Eggers gemeinsam mit dem Lehrer Nínive Clements Calegari 2002 826 Valencia, eine gemeinnützige Schreibschule für Kinder von 6-18 Jahren. Die Schule hat mittlerweile sieben Ableger in Amerika. Im April 2010 kam das gemeinnützige Projekt ScholarMatch hinzu, das einen Kontakt zwischen Spendern und Studenten herstellt, die ihr Studium nicht selbst finanzieren können.
Dave Eggers ist mit der Schriftstellerin Vendela Vida verheiratet und lebt mit den beiden gemeinsamen Kindern in der Nähe von San Francisco.

  
Quelle: KiWi Verlag

3 Kommentare:

  1. Super Rezi! Genauso hatte ich es damals auch empfunden - alles etwas langatmig, aber beklemmend und bis auf die Spitze getrieben, daher bleibt die Story auch nachhaltig hängen. Ich musste so oft den Kopf über die Protagonistin schütteln und fand die vielen Kritikpunkte an den Medien, die der Autor an ihr festmacht, teilweise etwas zuviel, aber andererseits wird einem eben auch auf extreme Weise vorgeführt, was alles schief läuft in der Gesellschaft.
    Liebe Grüße

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    1. Hallo Lex,

      vielen lieben Dank, und ich freu mich so, dass du dich in meinem Worten wiedergefunden hast, dieses Buch ist aber auch aufwühlend! Man ist so ungläubig, wie alle auf diese Masche reinfallen, aber wenn man darüber nachdenkt, kommt ein vieles im eigenen Leben bekannt vor und das macht mir wirklich Angst ... Gut zu wissen, das man damit nicht allein ist.

      Danke für deinen Besuch und liebe Grüße
      Sharon

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  2. Salut, Inga.

    "So manch einem global player sind die Strukturen & Machtinstrumente feudaler Leibeigenschaft nicht mehr im geringsten fremd."
    (Myrelle Minotier)

    Stimmt, der Fortgang der Manipulation Maes frißt sich einem bei der Lektüre förmlich in die Gehirnwindungen. In Permanenz würde man/frau gernst die Warn-Tröte bedienen, wenn die Figur sich weiter & weiter ausliefert.
    Dass die Lektüre einen emotional ordentlich mit nimmt (sic!) gehört zu den Charakteristika guter Bücher. "1984" wird hier (wie in letzter Zeit) nicht umsonst als Relevanz angegeben.

    Dein Text enthält einige treffende Förmulierungen & Resümees - thanx also, dass Du ihn doch noch verfasst hast. Das Thema der Manipulation ist so tagesaktuell wie wichtig.

    Der Verfilmung ging leider in den Kinos mehr bis schlecht. Die Vorlage, immerhin, schaffte es zum Bestseller.
    Sollten sie Dir einmal über den Weg laufen, die älteren Filme 'Startup', 'Das Netz' oder 'Hackers' sind von ähnlicher Relevanz für das Thema.

    bonté

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