Freitag, 19. Januar 2018

Rezension: Bernhard Aichner * Schnee kommt


Gebundene Ausgabe: 232 Seiten
Verlag: Haymon
ISBN-13:
978-3709971581
Preis: 17,90 EUR
E-Book: 12,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: August 2014




Inhalt:
Es ist spät am Abend und es beginnt zu schneien, auf den Straßen ist nicht ganz so viel los und der Tunnel wird kaum befahren. Aber doch wollen einige Autos mit ihren Passagieren den Berg durchfahren, um genau zu sein drei Wagen, denn dann passiert ein Unfall. Ein Wagen überschlägt sich und zwei fahren auf. Wird es Überlebende geben? Kommt schnell Hilfe? Wohl eher nicht, denn nicht nur im Tunnel passiert ein Drama, sondern auch am Tunneleingang kommt ein Lkw ins Schleudern und rasiert nicht nur das Wärterhäuschen um, sondern blockiert die ganze Einfahrt. Nun stecken die Leute im Tunnel und davor fest, jeder von ihnen hat eine Geschichte, ein Geheimnis und je länger das Warten auf Hilfe dauert, umso mehr nimmt das Drama seinen Lauf. Was hat jeder Einzelne zu verbergen? Welche Fäden werden wo gezogen? Und gibt es ein Entkommen aus diesem Tunnel?

Meinung:
Ich bin ein absoluter Fan von diesem Autor und habe nicht nur seine Blum Reihe gelesen, sondern auch seinen Max. Nun brauchte ich Überbrückungsliteratur von Bernhard Aichner, da es noch ein bisschen dauert, bis was Neues kommt und da packen wir doch die Gelegenheit beim Schopfe und gönnen uns eins seiner vorherigen Werke. Tja, und da Winter ist, klingt doch Schnee ganz passend. Wie mir das Einschneien gefallen hat, erzähle ich euch nun.

In dieser Geschichte gibt es keine zentrale Erzählfigur, da alle Mitspielenden mehr oder minder zu Wort kommen. Da haben wir das Muttersöhnchen, der die Stellung als Tunnelwärter bezogen hat. Die blinde Künstlerin, die gar nicht blind ist. Ihr Partner, der auch ganz gern die Fäuste sprechen lässt. Der entstellte Arzt, der nicht mehr schön ist und seine erfolgreiche Frau, die damit leben muss. Ein zynischer Polizist, der seine Begleitung vor dem Tunnel rausgeschmissen hat. Diese Frau steigt zu einer Familie, die sich streitet und deren Kind unaufhörlich weint. Und wir haben noch Ruben, ein Mann der, den tot schon ins Auge gesehen hat und auf den Weg in ein neues Leben ist. Jeder hat seine Geschichte, alle kommen zu Wort und was zu erst verwirrend scheint, strickt sich Stück für Stück weiter und die Maschen ziehen sich immer mehr zusammen.

Um es auf den Punkt zu bringen, es ist auf jeden Fall anders, als Blum und Max, aber nicht weniger lesenswert. Für mich war es mehr wie ein Theaterstück, da alle Figuren irgendwie miteinander verflochten sind und der große Aha-Effekt in jeder Ecke lauerte. Dadurch hatte das Ganze eine zu unrealistische Seite bekommen, allerdings, wenn man die Geschichte als Kammerspiel sieht, ist es hervorragend konzipiert. Das ist halt eine Geschmackssache, mir war es im ersten Moment zu viel des Guten.

Aber der Herr Aichner kann einfach erzählen. Er nimmt sich nämlich jeder Figur an, lässt uns sie kennenlernen, die Begebenheiten abklopfen, und hört dann am geschicktesten Punkt auf und geht zur nächsten Person über. So erfährt man häppchenweise von jeden etwas, blickt voyeuristisch in deren Leben und hat immer mehr den Eindruck, da lauert im jeden ein Untier. Einige verstecken sich gut hinter ihrer Fassade, manche treiben ein verrücktes Spiel und doch sind sie alle auf der Suche nach ihren Glück und verheddern sich dann in diesem Tunnel. Die Wahrheit wird mit jeder Seite mehr aufgedeckt und was zuerst leise anfing, erhebt sich immer mehr zu einem Paukenschlag und lässt den Leser überrascht zurück.

Schnee kommt, ist ein überraschendes Buch, was langsam an Fahrt zulegt und am Ende ziemlich einschlägt. Ich mochte es recht gern, aber ich fand seine anderen Werke ein Ticken stärker, aber lohnen tut es sich auf jeden Fall.
 
Henry und ich fanden diesen abgründigen Blick ziemlich interessant und vergeben vier Bücherpunkte:

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Über den Autor:


Bernhard Aichner, geboren 1972, lebt als Schriftsteller und Fotograf in Innsbruck. Mehrere Literaturpreise und -stipendien, zuletzt der Burgdorfer Krimipreis (2014). Zahlreiche Theaterstücke, Hörspiele sowie Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien. Bei HAYMONtb erschienen die Max-Broll-Krimis 'Die Schöne und der Tod' (2010), 'Für immer tot' (2011) und 'Leichenspiele' (2012) sowie der Roman 'Nur Blau' (2012).  

Quelle: Genial Lokal

4 Kommentare:

  1. Servus, Inga.
    Ein Kammerspiel vertrackter Figuren in einem Tunnel - muß man auch erst drauf kommen. Allerdings scheint der Katastrophismus mehr hinter menschlichen Fassaden zu brodeln. Und die von Dir erwähnte Menagerie kann sich wohl auch nur in der Welt einer Theaterbühne treffen.

    "Überbrückungsliteratur" ist übrigens eine sehr amüsante Definition Deiner Lesemotivation. :-)

    bonté

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    1. Servus Robert,

      der Bernhard halt, der kann so was ...lach... und klar, die menschliche Fassade, die ist doch sowieso am spannendsten. Deshalb meinte ich ja ein Kammerspiel, aber gut ist es trotzdem ...hihi...

      Ich bin halt übermotiviert! Und zwei Bücher habe ich noch von dem Mann ..lach...

      Danke für deinen sonntäglichen Besuch
      Inga

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  2. Huhu!

    Von Aichner habe ich bisher nur "Totenfrau" gelesen, davon war ich aber sehr angetan! :-) Ich habe also noch jede Menge Auswahl unter seinen Büchern. Ich glaube, ich lese jetzt erstmal die Blum-Reihe weiter!

    Dieses Buch hier klingt aber auch, als könnte es mir gefallen.

    Ich habe deinen Beitrag HIER für meine Kreuzfahrt durchs Meer der Buchblogs verlinkt.

    LG,
    Mikka

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    1. Hallo Mikka,

      lies erst mal die Blum-Reihe weiter, denn die ist einfach genial und danach sind seine anderen Werke ja immer noch da.

      Der Autor hat einfach einen tollen Stil, bis jetzt hat er mir immer sehr gefallen.

      Danke fürs verlinken und ganz liebe Grüße
      Sharon

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