Freitag, 13. Juli 2018

Rezension: John Niven * Alte Freunde


Gebundene Ausgabe: 352 Seiten
Verlag: Heyne Hardcore
ISBN-13:
978-3453269446
Preis: 20,00 EUR
E-Book: 15,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Oktober 2017
Übersetzer: Stephan Glietsch




Inhalt:
Alan ist erfolgreicher Gourmetkritiker und läuft gerade nach einem Restaurantbesuch durch die Straßen und sucht nach den passenden Worten für seine vernichtende Kritik. Gedankenversunken steht er da und wird plötzlich von jemandem angesprochen, einen Obdachlosen, der sogar seinen Namen kennt und jetzt, macht es bei Alan klick. Es ist Craig, der ihn da anspricht, Craig sein alter Schulfreund, der Rockstar, der nun als Penner vor ihm steht. Alan ist mit der Situation überfordert, wie reagiert man, was macht man und wie kann er überhaupt helfen. So gehen die beiden erst mal was trinken, lassen alte Zeiten aufleben und dann nimmt Alan Craig einfach mit nach Hause. Es steht fest, Craig soll erst mal bei der Familie bleiben und er will ihm helfen, wo er kann. So nimmt Craig‘s Leben wieder Form an und läuft in eine gute Richtung, und während bei dem einen alles besser wird, strudelt Alans Leben einer Katastrophe entgegen. Was wird passieren? Wie stehen die beiden Schulfreunde zueinander? Und kann Craig der Obdachlosigkeit wirklich entfliehen?

Meinung:
Ich hatte noch kein Buch von John Niven gelesen und ich bin ganz ehrlich, ich hätte dieses Buch auch nicht in die Hände genommen, wenn sich der Buchklub nicht dafür entschieden hätte. Obwohl das Cover allein schon recht stimmig ist, hätte ich es deswegen schon nicht in die Hand genommen, da lobe ich mir die englische Ausgabe, die ist da etwas unverfänglicher. Aber ich habe es gelesen, und wie es mir gefallen hat, erzähle ich euch nun.

Alan war als Kind nicht der beliebteste Junge und eher ein geduldeter Mitläufer. In Schottland geborgen und immer mit dem Wunsch, der Enge und der sozialen Unterschicht zu entfliehen. Genau wie sein Freund der Rockstar. Aber schaut man Alan jetzt an, hat sich das Blatt gravierend geändert. Nun ist er der erfolgreiche Mann, verheiratet, drei Kinder und steht finanziell verdammt gut da. Durch die Heirat mit seiner Frau hat sich ihm auch die Oberschicht geöffnet und nun wandelt er auf ganz anderen Festen rum. Er ist angekommen und ist auch ein wenig stolz darauf. Als er nun Craig wieder trifft, ist er peinlich berührt, hilflos und irgendwie, weiß er nicht recht was er machen soll. Es ist eine verzwickte Situation, soll er ihn einfach wieder gehen lassen, sein Leben als Penner weiter zuführen, oder greift Alan ein. Er greift beherzt ein und sucht ganz blauäugig nach Lösungen um Craig zu helfen, denn sie sind doch Freunde. Alan ist ein wirklich gutmütiger Trottel, der durch günstige Wendungen in seinem Leben, endlich da ist, wo er immer hin wollte. Ein großes Haus, gute Absicherung, eine Familie und Anerkennung. Obwohl er es manchmal etwas übertreibt, nimmt man Alan sympathisch auf und begleitet ihn durch sein eigenes Chaos.

Was mir als Erstes bei dieser Geschichte aufgefallen ist, geht es hier eigentlich wirklich um Freundschaft? Wie definieren die beiden Charakter ihre Freundschaft und was ist Freundschaft überhaupt für sie. Mit dieser, im Kopf schwirrenden Frage, habe ich das Buch gelesen und dabei entdeckt, das der Autor auch ein Spiegel auf unsere Gesellschaft geworfen hat. Schauen wir doch das Umfeld von Alan an, reiche und verwöhnte Statusmenschen, aber sind das, Freude? Ruft man diese in der Not? Aber was ist mit Craig, der unterm Dach wohnt. So richtig freundschaftlich gehen die beiden gar nicht miteinander um. Obwohl beider Lebenssituationen so unterschiedlich sind, spürt man sofort das unterschwellige Konkurrenzdenken. Dem einen ist es etwas unangenehm und den anderen nervt der Protz, der ihm unter die Nase gehalten wird. So spürt man die unausgeglichene Situation und fragt sich wohin wird das führen und ganz langsam erahnt man, wohin die Abwärtsspirale läuft.

Ich muss sagen, mich hat diese Geschichte überrascht, mit solch einem realistischen Bild hatte ich nicht gerechnet und finde den Ansatz wirklich toll. Es ist eigentlich gar nicht so die Freundschaftsgeschichte an sich, sondern die eigenen Fragen, die man sich selbst danach stellt. Was ist Freundschaft für mich? Würde ich einen alten Schulfreund von der Straße mit nach Hause nehmen? Wie würde ich in einigen solcher Situation reagieren? Das finde ich, macht dieses Buch aus, das hat der Autor für mich geschickt gemacht. Allerdings fand ich einige ausschweifende Szenen wirklich zu viel ausgeschmückt und ein bisschen zu sehr in der fäkal Sprache gewälzt, das hätte für mich nicht sein gemusst, aber das scheint hier sein Humor zu sein. Der ganze Rest war allerdings gut zu lesen und wie gesagt, mit tollen Ansätzen und einigen Wendungen, die auch noch sehr unterhalten hatten.

Für mich war das bestimmt nicht der letzte John Niven Roman, da er mich trotz meiner Ablehnung überzeugt und mir wirklich heiter Lesestunden beschert hat. Witzig, klug und zum Nachgrübeln.


Henry und ich dachten viel über das Wort Freundschaft nach und hatten dazu vergnügliche Lesezeit, dafür gibt es vier Bücherpunkte:

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Über den Autor:


John Niven wurde in Ayrshire, Schottland geboren, und studierte in Glasgow Englische Literatur. Seinen Abschluss bestand er 1991 mit Auszeichnung und war die nächsten 10 Jahre im Musikbusiness tätig, bevor er sich 2002 ganz dem Schreiben widmete.
Als Journalist hat er Artikel für "FHM", "Q", "Word", "Socialism" und "GolfPunk" verfasst und ist außerdem der (Co-)Autor einiger teils preisgekrönter Drehbücher und Theaterstücke. Anfang 2006 erschien sein erstes Buch Music from Big Pink, das die Kritiker auf beiden Seiten des Atlantiks begeisterte. Die Filmrechte sicherten sich Steven und Jez Butterworth ("Birthday Girl", "Mojo"). Mit Kill your friends landete John Niven seinen ersten internationalen Bestseller, es folgten die Romane Coma, Gott bewahre, Das Gebot der Rache, Straight White Male und Old School. John Niven lebt in Buckinghamshire in der Nähe von London.


2 Kommentare:

  1. Latha math, Inga.
    Erfolg im Leben ist ein relativer Umstand, denn Wer definiert eben diesen?
    Zumeist die anderen, deren Ansprüchen, Vorstellungen oder Luftschlössern man/frau nachzukommen versucht. Dabei sollte die eigene Zufriedenheit mit dem Leben das Wesentliche sein.
    Bling-Bling hat noch nie eine innere Leere gefüllt.

    Eine Freundschaft - im beiläufigen Sinne - mag beiden Figuren einmal verbunden haben. Eine tatsächliche allerdings nie, denn ansonsten wäre Craig nicht plötzlich in Alans Leben wieder herein geschneit. Es geht also weit eher um stimulierte Schuldgefühle, mit einer "Freundschaft" als Behauptung.
    Tatsächliche Freundschaft wäre eine völlig andere Ebene.

    bonté

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    1. Salut Robert,

      Fußball und Blogarbeit, was mach ich bloß nächstes Wochenende ...haha...

      Für jeden ist Erfolg etwas anderes, aber wenn man in der Öffentlichkeit steht und bekannt ist, dann hat man wohl schon einen gewissen stand. Zumindest meint das Alan. Aber er ist auch mit sich und der Welt eigentlich zu frieden, oder weiß zumindest genau, was er verlieren könnte.

      Genau, mit Freundschaft hat das hier nix zu tun und deshalb war ich so erstaunt über den Titel ...lach... Schön, das es auch so bei dir ankam, aber was habe ich erwartet :-)

      Ganz liebe Grüße
      Inga

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