Sonntag, 5. August 2018

Rezension: Theresa Hannig * Die Optimierer

Taschenbuch: 304 Seiten
Verlag: Bastei Lübbe  
ISBN-13: 978-3404208876  
Preis: 10,00 EUR
E-Book: 8,99 EUR
Reihe: 1. Teil
Erscheinungsdatum: September 2017 



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Inhalt:
Samson Freitag genießt den Luxus, mit dem eigenen Auto zum nächsten Termin zu fahren. Dort wartet nämlich seine nächste Beratung auf ihn, eine junge Frau, deren beruflichen Wünsche sich durch ihn verwirklichen sollen. Samson Freitag ist nämlich Lebensberater und hält sich strikt an das Protokoll. Alle ihn vorliegenden Informationen hat er schon ausgewertet, er wartet nur noch das Gespräch ab, um der jungen Frau sein Urteil vorzutragen. Das Urteil fällt nicht positiv für die junge Frau aus und genau dieser Fall, soll Samson noch nach verfolgen. Er steht nämlich kurz vor der Beförderung und es fehlen ihm nur noch ein paar Punkte, da hat sein Leben etwas anderes vor. Es steuert nämlich immer mehr den Abgrund entgegen und das System setzt alles daran, ihn zu optimieren. Was hat Samson angestellt? Wieso gleiten ihm alle Fäden aus den Händen? Und was wird das System mit ihm machen?

Meinung:
Ein Debüt, was schon mehrfach ausgezeichnet wurde und was sich unser Buchklub ausgesucht hat. Mich hatte die Inhaltsangabe ein bisschen an Georg Orwells 1984 erinnert und das war nicht wirklich meine beste Schullektüre, also war ich gespannt, wie mir diese Zukunft gefallen würde. Tja, und ob sie mir gefallen hat, erzähle ich euch nun.

Vielleicht ist es ganz gut, wenn man kurz vorab auf den Rahmen der Handlung eingeht. Wir leben im Jahr 2052, die Bundesrepublik Europa hat sich vom Rest der Welt abgekapselt. Der Wohlstand ist für alle Bürger gesichert und es gibt für jeden ein Grundeinkommen, aber auch die eigenen Fähigkeiten zur Verwirklichung stehen zur Verfügung. Damit man den besten Beruf für sich findet, gibt es vom Staat die Agentur für Lebensberatung. Diese Organisation überwacht jeden Einzelnen in der Gesellschaft, damit jeder den richtigen Platz findet. Außerdem gibt es ein soziales Punktesystem, was besonders engagierte Bürger auszeichnet. Außerdem wird jeden alleinstehenden Haushalt ein hoch entwickelter Roboter zur Seite gestellt, damit für Sicherheit und Wohlgefühl gesorgt ist. Hier merkt man doch schon ganz hervorragend, dass der Staat alles dafür tut, seine Bevölkerung zu überwachen.

Samson Freitag ist ein Musterbeispiel am perfekten Bürger. Er hat immer seine Punkte im Blick, hält sich an die Regeln und versucht jeden als gutes Vorbild voranzugehen. Allerdings fragt man sich schnell, hat der Typ auch eine Persönlichkeit? Ist er so in seinem Regelsystem gefangen, das er seine Umwelt gefühlsmäßig gar nicht wahrnimmt. Und dann passiert diese Beratung und alles fängt an zu kippen. Denn sein Urteil hat fatale Folgen, es ist wie, wenn ein Dominostein umfällt und alles mitreißt. Und plötzlich steht Samson da, am Abgrund und versucht alles Mögliche um aus dieser Abwärtsspirale herauszukommen. Aber je mehr er kämpft und je mehr er sich bemüht, wird es nur noch schlimmer. Sein heiß geliebtes System, wonach er lebt und was seine absolute Überzeugung hat, lässt ihm im Stich und macht ihm das Leben zur Hölle.

Es ist schon eine Neuauflage vom „Big Brother is watching you“ und so sehr erschreckend. Natürlich ist das ganze Szenario an unsere Zeit angepasst und es entsteht einfach ein mulmiges Gefühl beim Lesen. Allein dieses sozial Punkte System macht absolut Angst, wenn man hört, das so etwas seit 2017 in China auch existiert. Außerdem fallen einem viele kleine Dinge im Buch auf, die man selber im Hier und Jetzt tätigt und so bekommt das alles eine Realität, die erschreckt. Hier herrscht ein System vor, was alle überwacht und das hört nicht vor der Haustür auf, nein, es geht noch viel weiter. Dann noch der Protagonist, der absolut unsympathisch rüber kommt und das auch so sein muss. Er ist eigentlich nur eine Hülle der Gesellschaft, freier Wille Fehlanzeige und immer schön auf der richtigen Spur bleiben. Eine Freundin hat er nur wegen der sozialen Punkte und der Gedanke über einen Heiratsantrag hat in seinem Leben nichts mit Liebe zu tun, sondern das weitere Aufsteigen im Punkteranking. Ganz ehrlich es rüttelt an einem und erschreckt, es macht einen oft sprachlos und lässt einen die Gänsehaut den Rücken hinablaufen, wenn man parallelen im eigenen Leben findet.

Theresa Hannig hat hier wirklich einen tollen Plot entworfen, hat den Albtraum gut inszeniert und dabei sogmäßig geschrieben. Man bleibt trotz der Sympathielosigkeit an Samson dran und will wissen, wie es endet. Tja, und hier war sie wirklich ziemlich schnell und sehr überraschend, sodass es nach einem zweiten Band schrie. Und wie ich jetzt auch weiß, wird wohl noch ein zweiter Teil folgen.

Die Optimierer ist ein wirklich tolles Debüt, was eigentlich den Klassiker „1984“ reloadet hat. Oder eine Folge wie in Black Mirror ist, nur eben halt in Buchform und die eigene Fantasie, ist oft noch schlimmer. Verdammt erschreckend, aber fesselnd und unglaublich besorgniserregend, lässt es einen zurück. Die Zukunft kommt, hoffentlich nicht diese.
 
Henry und ich hatten so oft das Gefühl im falschen Film zu sein, da die Realität so nah ist, dafür gibt es die vollen Bücherpunkte:
 
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Über die Autorin:

Theresa Hannig wurde 1984 in München geboren. Sie studierte Politikwissenschaft, Philosophie und VWL und arbeitete als Softwareentwicklerin, Beraterin für IT-Sicherheit und als Projektmanagerin von Solaranlagen. Mit ihrem Debütroman Die Optimierer gewann sie den Stefan-Lübbe-Preis 2016. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in der Nähe von München.


6 Kommentare:

  1. Hallo Sharon <3,

    ich durfte bereits in Leipzig den Worten der Autorin zu diesem Buch lauschen und schon nach ein paar kurzen Sätzen (die Szene mit seiner Mutter) war mir Samson unsympathisch. Ich habe das Buch auf meine Hörbuch-WuLi gesetzt und bin neugierig, wie es mir gefallen wird.

    Liebe Grüße,
    Uwe :*

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    1. Hello Mr. Uwi,

      der muss auch unsympathisch sein, da er sich dem System voll unterworfen hat. Ich wünsche dir auf jeden Fall großen Hörgenuss. Und mal sehen ob dich auch ein Schrecken über den Rücken läuft.

      Hab noch einen schönen Sonntag
      Sharon

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  2. Bore da, Inga.
    "Perfektion" ist immer ein zweischneidiges Schwert, weil eben durch willkürliche Parameter definierbar. Nicht von ungefähr strebt jeder Totalitarismus, jeder Fschismus eine (eher diffuse) "Perfektion" an.
    Ironischweise existiert unser Universum allerdigs nur durch den Umstand einer kleinen Unvollkommenheit zu Anfang. :-D

    Bleibt zu vermuten, daß das System den guten Simon irgendwann zum Fremdkörper erklärt, der ausgesondert gehört. Ähnlich wie die Einstufung "In-valid" in 'Gattaca' oder das erreichte 30. Lebensjahr in 'Logan's Run'. Und dann heißt es um sein Leben rennen.

    Just bei den Selbstoptimierern rennt die 24/7-Überwachung ja heute bereits sperrangelweit offene Türen ein.

    Die Zukunft kommt, schreibst Du; es liegt mitunter auch an solchen Romanen, daß sie nicht derart in Zement gegoßen wird. Gut, denken, überdenken, nachdenken müssen wir selber.

    Auf dem großen Foto scheint sich Schokomann reichlich sicher, nahezu perfekt zu sein. :-)

    "Alles ist endlich...somit negiert sich eine Perfektion in sich selbst."
    (Myrelle Minotier)

    bonté

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    1. Guten Abend Robert,

      was bist du wieder fleißig!

      Es ist immer eine Ansichtsache, was perfekt bedeutet. Aber mal ehrlich, es ist gut das es unterschiede gibt. Die Vergangenheit hat mir schon Angst genug gemacht, da ist die Zukunft auch nicht wirklich besser ... ohje

      Ich werde zu Simons Werdegang am Ende nix verraten, das hat mich nämlich geschockt und deshalb geht es wohl auch weiter :-)

      Da sagst du was, aber ich habe immer mehr Angst, das die Bevölkerung Schafe sind und nur dem folgen, der das sagt, was er hören will und das ist verdammt traurig! Verblödung überall ...

      Haha... der Schokomann ist anstrengend, aber nicht perfekt! :D

      Ganz liebe Grüße
      Inga

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  3. Hallo,

    mit dem Buch habe ich schon einige Male geliebäugelt! Deine Rezension macht mir wieder richtig Lust darauf. :-)

    Ich habe diesen Beitrag HIER für meine Kreuzfahrt durchs Meer der Buchblogs verlinkt.

    LG,
    Mikka

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    1. Hallo Mikka,

      ist das nicht mein Job und wenn du grübelst, habe ich den gutgemacht. Juhhhh... Danke fürs verlinken.

      Ganz liebe Grüße
      Sharon

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