Freitag, 5. Oktober 2018

Rezension: Bernhard Aichner * Bösland


Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
Verlag: btb
ISBN-13:
978-3442756384
Preis: 20,00 EUR
E-Book: 15,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Oktober 2018




Inhalt:
In einer kleinen Stadt, in einem alten Bauernhaus wird im Sommer 1987 ein Mädchen erschlagen. Mit einem Golfschläger schlägt der dreizehnjährige Mitschüler sieben Mal auf sie ein und richtet damit ein Blutbad an. Aber die Geschichte bleibt im Verborgenen, wird vergessen und es herrscht Schweigen darüber. Bis dreißig Jahre vergehen und die Wahrheit mit voller Wucht an den Tag tritt und den früheren Jungen zu einer weiteren Tat verleitet. Er mordet mit voller Absicht wieder ... Wer ist sein neustes Opfer? Warum kommt erst jetzt die Wahrheit ans Tageslicht? Und wo genau ist Bösland?

Meinung:
Ein neuer Aichner ist da und mein Herz hüpft. Ich habe meinen Buchhändler sofort besucht und es dort sogar direkt ausgepackt, um die ersten Seiten zu verschlingen. Was soll ich sagen, ich hatte es an einem Tag durch, die volle Aichner Wucht gelesen und danach ein schlechtes Gewissen. Der Autor schreibt so lange daran und ich verschlinge es an einem Stück. Allerdings ist das auch ein Kompliment, oder? Denn ich konnte einfach nicht aufhören, es war wie ein Rausch, und ob ich ohne Nebenwirkungen daraus hervorgegangen bin, erzähle ich euch nun.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Ben, ein Mann, dessen Leben es überhaupt nicht gut mit ihm gemeint hat. Vom Vater geschlagen, ständig misshandelt und ins Bösland geholt. Seine Mutter steht ihm nicht zur Seite, sondern sieht weg und gibt ihm am ganzen Elend noch die Schuld. So kann er die Schläge und Schmerzen kaum noch ertragen und denkt mit seinen zehn Jahren schon an den Tod. Sein einziger Lichtblick und der Grund, warum er sich selbst nichts tut, ist seine Freundschaft zu Kux, dem wohlhabenden Sohn des Arztes, der alles andere als begeistert über diese Verbindung ist. Doch eines Tages nimmt das Schicksal eine Wende und Ben findet seinen Vater erhängt vor, jetzt müsste doch sein Leben besser werden, aber das hat seine Lebenslinie nicht vor. Nur drei Jahre soll die gute Zeit bleiben, denn dann passiert das mit Mathilda und Ben kann sich nur an das ganze Blut erinnern und an die Zeit danach, in der Psychiatrie.

So ist der Einstieg in die Geschichte, schwer verdaulich und extrem berührend, lernen wir Ben kennen und entdecken eine verwundete Seele, der mit Schuldgefühlen und Qualen lebt. Nach der schweren Zeit in der Anstalt hilft ihm eine Therapeutin ins Leben und so versucht er über zwanzig Jahre ein geregeltes unauffälliges Leben zu führen, wenn da nicht die Erinnerungen wären. Jede Nacht holen sie ihm ein und wollen nicht Ruhe geben und Ben sucht Hilfe und findet diese bei der Therapie. Mit jeder Sitzung bricht mehr hervor, Erinnerungen werden wach und mit gutem Zuspruch versucht Ben seinem Mut zusammenzukratzen und sich seiner Vergangenheit zu stellen, denn Ben hat bis zum heutigen Tag, über die Ereignisse auf dem Dachboden geschwiegen und weiß selbst nicht mehr, was dort passiert war.

Das ist der ganze Ausgangspunkt und man denkt sich zuerst und das soll 400 Seiten füllen? Weil die Vorahnung was kommt, hängt wie ein großes Ausrufezeichen in der Luft. Und dann dreht der Autor auf, und zwar so richtig. Er lässt meine Vorahnung Wahrheit werden, aber noch viel schlimmer als geahnt. Er spielt hier mit Macht, Falschheit, Ohnmächtigkeit, Hilflosigkeit und lässt so richtig das Böse auf den roten Teppich flanieren. Aus Bens Gefühlen wird eine Achterbahnfahrt, aus seinem Leben ein Irrgarten aus Ungerechtigkeit und das Ende soll noch bitterer werden. Geschickt spielt Bernhard Aichner eine ganze Palette von Gefühlen ab, man leidet mit, man ist fassungslos und wie gern möchte man selber in die Geschichte eingreifen, aber nur wie. Man steht einfach neben der Hauptfigur und je böser es wird, um so schockierter ist man. Aber am schlimmsten ist es, das dieser Typmensch gar nicht so weit hergeholt ist und das ist das Extreme an der Geschichte.

Ach, ich kann gar nicht mehr verraten, denn das wäre Wahnsinn, ihr müsst es lesen. Es ist einfach Aichner in best Form und einer schnellen bösen Schreibfeder, die mit jedem Strich, vor Schreibfreude tropfte, um den Leser zu treffen und für rasante, fesselnde Lesestunden zu sorgen. Dieser Autor beherrscht es einfach einen emotional an seine Figuren zu binden, dann in den höllischen Abgrund der Mitmenschen schauen zu lassen und auf psychologischer Höchstebene zu fesseln. Sein Spiel mit Gut und Böse ist so unglaublich rasant und einfach verschlingend. Er kann es einfach und hält sein enormes Tempo auch hier wieder ganz hoch.

Bösland ist nicht nur rasant, fesselnd und unglaublich böse. Es ist auch wieder typisch Bernhard Aichner und absolut lesenswert. Und jetzt ist es wieder böse, zu warten.
 
Henry und ich hatten eine geniale Lesezeit und sind einfach Fans und dafür gibt es die vollen Bücherpunkte:

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Über den Autor:
 


Bernhard Aichner (1972) lebt als Schriftsteller und Fotograf in Innsbruck. Er schreibt Romane, Hörspiele und Theaterstücke. Für seine Arbeit wurde er mit mehreren Literaturpreisen und Stipendien ausgezeichnet, zuletzt mit dem Burgdorfer Krimipreis 2014, dem Crime Cologne Award 2015 und dem Friedrich Glauser Preis 2017.

Die Thriller seiner Totenfrau-Trilogie standen monatelang an der Spitze der Bestsellerlisten. Die Romane wurden in 16 Länder verkauft, u.a. auch nach USA und England. Eine US-Verfilmung ist in Vorbereitung.  

Quelle: btb Verlag

6 Kommentare:

  1. Servus, Inga.
    Ein in einem Zug verschlungenes Buch ist natürlich für Autoren ein solides Kompliment. Hier wurde nicht viel falsch gemacht. Wobei die Frage interessant bleibt, ob man/frau den Roman gern wiederlesen würde.
    Wobei 1xBücher ja eher die Regel darstellen. :-)
    Persönlich schlage ich ja gern eines meiner Mög-Bücher irgendwo zufällig auf & kann ein Stück darin lesen. Die ganze Lektüre wird dann wie ein Feiertag.

    Bei Ben & Kux meldet sich mein unverwüstlicher Plot-Summer & ich hege bei dieser Konstelation meinen gewißen Verdacht.
    Bei Bens Vorgeschichte ("wie zerstören wir Eltern das Leben unserer Kinder") ausgesprochen übel wäre.
    Wohl titelt der Roman nicht aus Zufall aber "Bösland"

    Schoko mag offensichtlich darauf hinweisen, daß er doch ein ganz arg Lieber ist... ;-)

    bonté

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    1. Grüß dich Robert,

      ich könnte mir das Wiederholen eines Buches von diesem Autor durchaus vorstellen, da ich seine Sprache oder seine Art zu erzählen genial finde. Das finde ich echt schön, das du das machst, mir fehlt allerdings ein bisschen die Zeit, bei meiner Menge an Büchern ...lach...

      Ich werde nichts verraten, nur so viel, es gibt schon ein paar ungeahnte Wendungen und Überraschungen.

      Der Schoko ist wie der Autor ein ganz smarter Typ ..lach...

      Hab einen schönen Abend.
      Inga

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  2. Ja ,klar ist man schnell durch, hat ja in Wahrheit 180 leere Seiten dazwischen, was für ein Fake

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    1. Hallo Unknown,

      schade, dass du bei Kritikäußerung die Anonymität wählst.
      Ich habe mir das Buch gekauft und fand es völlig in Ordnung so.

      Grüße
      Sharon

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  3. Huhu Inga,
    danke für deine informative Rezension. Ich möchte das Buch auch sehr gerne lesen weil es super spannend und auch bewegend klingt.
    Liebe Grüße, Petra

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    1. Hallo Petra,

      ich kann es dir nur empfehlen und wünsche jetzt schon tolle Lesestunden.

      Ganz liebe Grüße
      Inga

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