Sonntag, 10. Mai 2020

Rezension: Liz Moore * Long Bright River


Gebundene Ausgabe: 413 Seiten
Verlag: C.H. Beck
ISBN-13: 
978-3406748844 
Preis: 24,00 EUR
E-Book: 16,99 EUR
Reihe: 1/1 
Erscheinungsdatum: Januar 2020
Übersetzer: Ulrike Wasel und Klaus Timmermann




Inhalt:
Mickey Fitzpatrick bekommt auf ihrer Tour durchs Viertel in Philadelphia, den neuen Kollege aufs Auge gedrückt. Dieses Viertel ist kein einfaches Pflaster hier herrschen Drogen, Prostitution und allerlei anderes Elend vor, trotzdem will Mickey das Viertel nicht verlassen. Der Grund, ist ihre Schwester Kacey, die vom rechten Weg abgekommen und der Sucht verfallen ist. Trotz, dass sie seit Jahren nicht mehr miteinander sprechen, passt sie als große Schwester immer noch auf. Auf ihrer Tour werden sie zu einem Todesopfer gerufen, man geht von der üblichen Überdosis aus, aber als Mickey die Tote sieht, fällt ihr was auf, und zwar Mord, und dieses Opfer, scheint nicht das Erste zu sein. Ein Serienkiller treibt sich im Viertel rum und Mickey fällt auf, dass sie ihre Schwester schon länger nicht gesehen hat. Wird Mickey sich auf die Suche machen? Wo ist Kacey? Und was hat diese beiden entzweit?

Meinung:
Long Bright River ist mir ständig in meiner Timeline angezeigt worden und zwar mit wohllobenden Stimmen. Jeder der es gelesen hatte, war begeistert und da ich ein neugieriger Mensch bin, musste ich es haben. In meiner Buchhandlung besprochen und dieser ist es wohl auch aufgefallen und somit haben sie direkt drei geordert. Nun hieß es, wann lese ich es und eine Freundin hat sich direkt geopfert und wir sind zusammen durch die Straßen von Philadelphia gestreift.

Die Geschichte wird immer abwechselnd erzählt, und zwar immer aus Mickeys Sicht, im jetzt und damals. Jetzt ist sie Streifenpolizistin, allein erziehende Mutter und eine ziemliche Einzelgängerin. Sie verlässt sich nur auf sich selbst, vertraut selten jemanden und ist allem gegenüber mehr als skeptisch. Der Einzige in ihrem Leben, den sie ansatzweise vertraute, war ihr Partner, der durch eine Verletzung momentan nicht im Dienst ist. Nun macht sie den Streifenjob lieber allein und findet den neuen Kollegen eher störend und anmaßend. Seine Meinung ist abfällig dem Viertel gegenüber und das lässt sie böse aufhorchen. Die Menschen haben nämlich alle eine Geschichte und nicht die Ablehnung verdient. Ein schwerer Job, und nun diese Mordserie und Kacey ist nicht zu finden. Mickey steckt in der Moralischen Zwickmühle, sucht sie nach ihr, oder nicht.

Damals war sie die große Schwester, die immer auf die Kleine aufpassen musste. Während Kacey ein kontaktfreudiges Kind ist, hält sich Mickey lieber im Hintergrund. Zu Hause haben sie nichts zu lachen, beide Eltern sind nicht mehr da und diese Großmutter ist die Bösartigkeit in Person. Von Liebe, Geborgenheit und Vertrautheit ist keine Spur zu finden und das ganze Ausmaß wird seine Kreise ziehen. Aufwachsen ist hier keine leichte Aufgabe, von Förderung, Ermutigung und sinnvoller Betreuung keine Spur. Mickeys Weg ist steinig, grausam und erschreckend und es nimmt in ihrem Leben nicht wirklich ein Ende. In allen Lebensabschnitten wird ihr das Vorankommen schwer gemacht.

Dieses Buch lässt mich nicht ganz so begeistert zurück, wie andere Leser, aber was mir gut gefallen hat, ist der Realismus. Hier erleben wir die Schattenseite unserer Gesellschaft, den Sumpf der Süchtigkeit und den Abwärtsverlauf. Wie man in einem solchen Viertel aufwächst, welche Schwierigkeiten man durchlebt und wie solche Familien mit einem umgehen. Außerdem wird das Straßenleben hier in Szene gesetzt und es ist absolut schockierend. Als gut behütetes aufgewachsenes Kind ist es erschreckend, wie elendig es dort zu geht. Wie Polizei und auch Freier mit Menschenleben umgeht und wie respektlos die Behandlung ist. Ein gesellschaftliches Bild was schockiert, grausam ist und doch die Realität widerspiegelt. Es gibt so viele Facetten an dem Buch, die immer wieder dieses Leben im anderen Licht zeigt und jeder Aspekt zeigt, wie nah es doch der Wirklichkeit kommt.

Was mir weniger gut gefallen hat, ist leider doch der Mix, es wird zwar als Familiendrama angekündigt, aber auch mit den Mordfällen und der Spannung gespielt. Da haben wir dieses Familiendrama und es ist einfach ein Drama. Es ist ein Drama, wie diese Schwestern aufwachsen müssen, es ist ein Drama, das Mickey immer die Verantwortung aufgedrückt bekommen hat, und es ist ein Drama, das sie nie ihr eigenes Leben  bestimmen durfte und sogar von ihrer Familie ausgeschlossen wird, weil sie doch anderes geworden ist, als sie. Es ist ein Drama, wie Kacey in diesem Sumpf abdriftet und ihr Leben wegwirft und es ist absolut ein Drama, das sie von der Familie aber mehr Zuspruch bekommt als die Schwester. Diese Familie lastet schwer auf einen, beim Lesen, es macht wütend, ist unbegreiflich und sehr frustrierend. Und ich kann es nicht ganz nachempfinden, warum Mickey immer noch dran festhält. Ich habe mit meiner Schwester gebrochen und manchmal sind Wunden nicht anders zu heilen. Das ist ein Knackpunkt, dann kommt auch der Fall dazu, diese Polizeiarbeit fängt eigentlich vielversprechend an, wird aber immer wieder ausgebremst und schlussendlich durch Mickeys Überreaktionen auf Eis gelegt. Schade fand ich das, sehr schade.

Long Bright River ist ziemlich traurig, erschreckend und real. Für mich aber mehr Familiendrama und Gesellschaftsbild, als Krimi. Allerdings fand ich großartig, dass Liz Moore nicht analysiert oder anklagt, sondern die Tatsachen, so grausam sie sind, für sich sprechen lässt.
 
Henry und ich sind nicht ganz überzeugt, aber insgesamt gibt es vier Bücherpunkte:

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Über die Autorin:


geboren 1983, hat zunächst als Musikerin in New York gearbeitet und anschließend begonnen Romane zu schreiben. «Long Bright River» ist ihr vierter Roman, der in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Liz Moore hat für ihre Romane u. a. den Rome Prize erhalten. Sie lebt mit ihrer Familie in Philadelphia.


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