Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
Verlag: Hoffmann und Campe Verlag
ISBN-13: 978-3455012941
Preis: 25,00 EUR
E-Book: 15,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: Oktober 2022
Übersetzer*in: Maike Barth und Dagmar Mißfeldt
Inhalt:
Elsa ist neun, als sie sich mit Skiern auf den Weg zu den Rentieren ihrer Familie macht, denn sie möchte unbedingt zuerst da sein und ihr Rentier sehen. Fast dort angekommen, überrascht sie einen Wilderer, der nicht nur ihr geliebtes Rentier abschlachtet, sondern auch ihr zu verstehen gibt, was passiert, wenn sie ihn verrät. Geschockt bleibt sie zurück, sie kennt diesen Mann, er ist ein Schwede aus dem Nachbardorf und ihre Scham nimmt zu, weil sie sich nicht traut, ihren Eltern alles zu erzählen. Dieser Mann ist schon länger ein Problem, doch die Familie scheint machtlos der Situation gegenüber zu sein, da die Polizei und auch die Politik nichts unternimmt. Der Tod von Elsas geliebtem Rentier wird einfach als „Diebstahl“ abgestempelt, aber sie vergisst nicht. Die Zeit vergeht und Elsa wird erwachsen und für sie gibt es kein Leben ohne die Rentiere und das bedeutet, das sie kämpfen muss, für ihre Familie, für ihre Stammesleute und für ihr Recht. Was kann sie als einzelne Frau bewirken? Wie kann sie für ihr Recht kämpfen? Und was muss noch alles passieren, damit die samischen Rentierhirten erhört werden?
Meinung:
Dieses Buch wurde mit dem Vergleich von „Der Gesang der Flusskrebse“ beworben und ganz ehrlich, ich mag so was nicht. Für mich stand der Titel schon allein ziemlich im Vordergrund und da ich die Polarlandschaft und Rentiere faszinierend finde, war das schon der Ausschlag für mich, es lesen zu wollen. Na gut, ich mag auch Bücher über starke Frauen und war gespannt, ob Elsa so eine ist. Ansonsten hatte ich mich wenig mit dem Thema auseinandergesetzt und habe verdammt viel dazu gelernt. Ob es nicht nur lehrreich, sondern auch unterhaltend war, erzähle ich euch nun.
Elsa ist eine Neunjährige, als die Geschichte beginnt und so erleben wir alles durch ihre Kinderaugen. Wir erleben Streit zwischen den Eltern, Wut auf Polizei und Gesetzgebung, ein Bruder, der vieles ändern möchte und nicht darf und ein Dorf, was ausgegrenzt wird. Dazu kommt der Vorfall mit Elsas Rentier und ihr Unverständnis wächst, warum tut keiner was und sie selbst traut sich nicht, alles zu verraten. Aber sie hält an dem Ohr ihres toten Rentiers fest und vergisst nicht. Der Stapel der abgelehnten Anzeigen wird größer, die Mutlosigkeit nimmt unter den Rentierhaltern zu und das Schweigen wird immer lauter. Ein hartes, unnachgiebiges Leben führen die Samen und Elsa will sich der Resignation nicht anschließen, sie möchte für ihr Recht, ihr Leben und für ihr Volk kämpfen. Und vor allem dem Wilderer das Handwerk legen, denn diese Kindheitserinnerung hat ihr ganzes Leben mit Angst, Scham und Wut begleitet.
Meine Mutter hat sich sehr für Native American interessiert und so einige Bücher angesammelt, die nun mir gehören. Meine Begeisterung hielt sich immer in Grenzen, aber auf Bitten und Drängen hatte ich mal eins angefangen und diese Geschichte hat mit so furchtbar wütend gemacht. Ein ganzes Volk wird ausgemerzt, verdrängt, unsichtbar gemacht und wie Abfall behandelt. Keine Rechte, in Reservate abgeschoben, ausgenutzt und ohne Perspektiven weggesperrt. Was für eine Ungerechtigkeit, welche ein Ohnmachtsgefühl und welch rasende Wut man da empfindet. Da hat sich ein patriotisches Volk nicht mit Ruhm bekleckert und dabei ist es nicht mal ihr Land. So, das musste raus, was ich aber nicht wusste, ist, das es die Schweden ähnlich mit dem Samen (veraltet Lappen) auch so machen. Ein Volk, was hoch im Norden von Skandinavien lebt und sich auf einem Siedlungsgebiet niedergelassen hat. Genau wie die Native American müssen sie mit Rassismus, Ausgrenzung, Menschen zweiter Klasse und ohne Rechte leben, denn der Schwede kommt immer zu erst. Allein für den geschichtlichen Aspekt lohnt es sich, dieses Buch zu lesen. Es ist angefüllt mit Beschreibungen von Traditionen, Stammeskleidung, Festen und deren hartes Leben, ohne die Handlung aus dem Blick zu lassen.
Ann-Helén Laestadius hat eine starke Protagonistin erschaffen, Elsa ist hartnäckig, bleibt am Ball, nervt die Gesetzeshüter, zwingt sie zum Handeln und wird auch selbst zur Spurenleserin. Sie kann die Ungerechtigkeit nicht mehr ertragen und auch das sinnlose töten ihrer Rentiere, was auch die Existenz ihres Volkes bedroht. Eindringlich beschreibt die Autorin die Situation aber auch malerisch und bildgewaltig. Was für eine Landschaft, was man im Schnee alles lesen kann und das knirschen von Schritten im Schnee, war beim Lesen hörbar. Erst hatte ich etwas Sorge, das sie die ganze Zeit aus der Sicht der Neunjährigen erzählt, da alles nur umschrieben wurde, ohne das Thema wirklich zu benennen, aber mit ihren Zeitsprüngen und der erwachsenen Elsa war ich total am Ball. Man fiebert einfach mit, man möchte Gerechtigkeit oder zumindest das die Polizei nicht immer die Augen verschließt und man möchte, dass Elsa ihren Platz bekommt. Denn auch eine Frau hat es in der Welt der Rentierhirten nicht einfach. Viele Themen, toll ausgearbeitet und begeistert geschrieben. Ich fand es großartig.
Das Leuchten der Rentiere ist lehrreich, bildgewaltig und fesselnd. Ein Appell gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit. Beeindruckend und mitreißend erzählt noch dazu.
Über die Autorin:
Ann-Helén Laestadius (*1971) ist eine schwedische Journalistin und
Autorin und gebürtige Sámi. In Schweden war sie bereits für ihre
vielfach preisgekrönten Kinder- und Jugendbücher sehr bekannt, bevor sie
mit ihrem ersten Roman für ein erwachsenes Publikum, "Das Leuchten der
Rentiere", einen Nummer-1-Bestseller landete. Der Roman wurde u.a. als
Buch des Jahres 2021 ausgezeichnet. Ann-Helén Laestadius lebt in der
Nähe von Stockholm.
Quelle: Hoffmann und Campe
Vielen lieben Dank an den Hoffmann und Campe Verlag für das Rezensionsexemplar.
Danke für die Buchvorstellung und Rezension des Buches „Das Leuchten der Renntiere“ vonAnn-Helén Laestadius. Dieses Buch scheint wirklich spannend zu sein. Ich lese gerne Romane und habe aus diesem Grund diese Rezension gelesen.
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